Der Ortsteil Königsfeld

Im Jahre 1804 kaufte der Altvogt Lehmann aus Mönchweiler, ein Freund der Herrnhuter Brüdergemeine, den „Hof auf dem Hörnle" stellvertretend für die Unitätsdirektion in Herrnhut/Sachsen. Grund und Boden gehörten zu Burgberg und umfassten zusammen mit dem kleinen Stellwaldgut auf Erdmannsweiler Gebiet etwa einhundert Hektar.

Damit nach dem Wunsch der brüderischen Freunde in Württemberg auf dem erkauften Gelände eine Siedlung und Schulen für Mädchen und Jungen entstehen konnten, musste der Hof zunächst aus dem Gemeindeverband von Weiler-Burgberg-Erdmannsweiler gelöst werden.

Das gelang durch Abstimmung bei einer Einwohnerversammlung in Weiler und durch Zahlung von Abstandsgeldern. Der dritte abschließende Schritt nach Kauf und Lösung war die Gründungsgenehmigung durch König Friedrich von Württemberg, denn bis 1810 gehörte der Hof auf dem Hörnle ins württembergische Hornberger Amt und wurde erst danach badisch.

Der König unterschrieb die Urkunde im Jahre 1806, dem Jahr, als er König wurde und verlangte 1809, als ein Name für die neue Siedlung gesucht wurde, dass der Ort Königsfeld heißen solle in Erinnerung an den Beginn seines Königtums.

Der Platz erhielt den Status einer Kolonie mit eigenen Rechten in Verwaltung, Wirtschaft und Jugenderziehung, soweit sie der württembergischen bzw. badischen Verfassung nicht widersprachen. Die kirchliche Leitung lag in der Hand des jeweiligen Predigers, die weltliche in der des Vorstehers, der wie ein Bürgermeister waltete, beide von Ratsmitgliedern der Gemeinde unterstützt.

Die Wirtschaftskraft stützte sich auf die rasch wachsenden Internatsschulen für Mädchen, Knaben und Mädchen in Berufsausbildung. Die Handwerksberufe der Maurer, Zimmerleute, Schmiede, Schlosser, Blechner und Ziegelbrenner kümmerten sich um den Bau der Häuser, Bäcker und Metzger versorgten die Einwohner mit Nahrungsmitteln, Schneider und Schuhmacher decken den Bedarf an Kleidung. Die durch den Ausbau schwindende Ackerfläche reichte für Selbstversorgung nicht aus. Deshalb mussten Handwerk und Gewerbe durch Handel für den Lebensunterhalt der Einwohner sorgen. Persönlicher Austausch mit der Nachbarschaft und Postverkehr nach ausserhalb waren über Jahrzehnte die einzigen Verbindungen zur Umwelt.

Zahlreiche gottesdienstliche Versammlungen, zu denen wöchentliche Berichte aus den weltweiten Arbeitsbereichen der Brüdergemeine gehörten, stärkten den Gemeinsinn von Einwohnern und Anstaltszöglingen.

Von 1816 bis 1912 gingen 104 Männer und Frauen von Königsfeld aus in den Missionsdienst nach Übersee. Ein Bibel- und Traktatverein versah das Umland mit geistlichem Lesestoff. Jährlich wurden zwei Feste für Innere und Äußere Mission abgehalten und ein Rettungshaus für Mädchen in Hornberg gegründet. Als in der Mitte des 19. Jahrhunderts die evangelische Bevölkerung in der Pfalz von der bayrischen Obrigkeit bedrängt wurde, zogen etliche Familien nach Königsfeld und erwarben Hofgrundstücke auf Nachbargemarkungen: Donishof, Schloßhof und Weiherhof in Buchenberg, den Hinteren Hutzelberg in Burgberg, Wald- und Weideland in Neuhausen.

Die Gründung des 2. Deutschen Reiches, der Bau der Schwarzwaldbahn und das neue Bürgerliche Gesetzbuch leiteten einen entscheidenden Wandel im Leben des "Christendörfleins" ein. Die staatliche Gesetzgebung hob die Sonderrechte der Kolonie auf. Die Erziehungsanstalten mussten sich nach den amtlichen Vorgaben richten. Die neue Bahnlinie lockte Besucherströme an, die zur"Saison" nach Königsfeld kamen und bleiben wollten.

Hatte der Ort bisher nur aus Gebäuden um den zentralen Zinzendorfplatz und an zwei Gassen (Bergstraße und Friedrichstraße) bestanden, so wuchsen von nun an ringsum Villen als Pensionshäuser empor. Neue Straßenzüge wurden angelegt, weitere fünfzig Hektar von Buchenberg hinzugekauft und schließlich der Statur der Kolonie in eine normale badische Landgemeinde mit Bürgermeister und Gemeinderat überführt (l. Januar 1902). Nach den Schulen wurde das Kurwesen zum zweiten wirtschaftlichen Standbein. Im Jahre 1900 wohnten 631 Personen in Königsfeld.

Die Großmachtpolitik von Kaiser Wilhelm II. vergrämte die Eltern von schweizerischen und englischen Schülern, die bis 1900 zwei Drittel der Internatskinder stellten. Erster und zweiter Weltkrieg und 21 Jahre dazwischen verlangsamten die Ausdehnung des Ortes. Es wurden kaum mehr Häuser gebaut. 1939 hatte Königsfeld 894 Einwohner. Aber das geistige Leben blühte. Dr. August Heisler gründete die "Geistige Nothilfe" zur Förderung von Kunst und Wissenschaft. Prof. Dr. Albert Schweitzer zog mit seiner Familie zu. Vierzehn Kinderheime boten ihre Dienste an.

Zu den wirtschaftlichen Nöten gehörte das Ausbleiben von Kurgästen aus dem französisch besetzten Elsaß und dem Rheinland. Die Internate verloren Zöglinge, weil die Eltern in der Weltwirtschaftskrise keine Pensionsgelder mehr aufbringen konnten. Der aufkeimende Nationalsozialismus trat zuerst kirchenfreundlich auf. Die meisten Einwohner standen ihm wohlwollend gegenüber.


Veränderungen durch den Krieg

Das änderte sich, als die zerstörerischen Züge des Systems deutlich wurden, vollends dann im zweiten Weltkrieg. Damals wurden jüdische Mitbürger in den Internaten versteckt. Königsfeld wurde im Krieg Lazarettort. Das bewahrte die Gemeinde 1945 vor der Zerstörung durch Kampfverbände französischer Truppen. Während des Krieges hatten Familien aus bombengeschädigten deutschen Städten hier Zuflucht gefunden. Es folgten Vertriebene aus deutschen Ostgebieten. Die Einwohnerzahl stieg auf 1475 Personen.

Nach der Währungsreform begann von 1950 an wieder rege Bautätigkeit. Einfamilienhäuser und neue Pensionen entstanden. Königsfeld wurde Heilklimatischer Höhenluftkurort (1949). Die 1966 einsetzende Schulreform in Baden-Württemberg bereitete die allgemeine Gebietsreform vor. Weiler schloss sich 1973 Königsfeld an, Burgberg und Erdmannsweiler folgten 1974. Den Abschluss bildeten 1975 Buchenberg und Neuhausen.

Mit Bürgermeister Fichter beginnt 1939 die Reihe der Bürgermeister, die nicht mehr aus der Ortsgemeinde stammen. Gustav Krause wurde 1946 der erste frei gewählte. Die Schulen im Ort: die staatliche Grund- und Hauptschule, die privaten der Brüdergemeine (Realschule, Gymnasium und berufsbildende Schulen) entfalteten sich bis zu 1300 Schülern im Jahre 2000. Die Jungen und Mädchen kommen aus dem Ort, andere werden täglich mit Omnibussen aus der Umgebung gebracht, andere wohnen in Internaten. Der starke Zuzug ließ die Brüdergemeine zur Minderheit werden. Ihren Einfluss im Gemeinderat schränkt die Zusammensetzung des Gesamtgemeindegremiums ein.

Im Königsfelder Kernbereich wohnten im Jahr 2000 1768 Personen gegenüber 4068 in den fünf anderen Ortsteilen. Seit den achtziger Jahren geht der Neubau von Einfamilienhäusern zurück zugunsten vermehrter Bauten von Appartmenthäusern. Alte Handwerksberufe verschwanden. Schreiner, Schneider, Maler, Schuhmacher gibt es nicht mehr. Dafür nahm der Handel zu, darunter zwei Filialen von Großmärkten. Um leidende Menschen kümmern sich fünf Allgemeinärzte, ein Facharzt und zwei Kliniken (Herz-Kreislauf und Psychosomatik). In Ferienzeiten beherrscht die ältere Generation das Straßenbild. Menschen im Ruhestand ziehen gern in den Kurort.

Die Gäste schätzen das kulturelle Angebot, das Heilklima in der Nachbarschaft des den Ort umgebenden Waldes und den Tagesablauf ohne hektische Betriebsamkeit.

Wolfgang Rockenschuh

  • Gemeinde Königsfeld
  • im Schwarzwald
  • Rathausstraße 2
  • 78126 Königsfeld